Hinweise zum FAO Modell und zu unseren zusätzlichen Modellrechnungen
Lesen Sie hier, wie die Zahlen bzw. Kosten in unserer Nachhaltigkeitsblume zu Stande kommen. Gestützt haben wir unsere Berechnungen auf die FAO-Studien „Food wastage footprint: Full cost accounting, final report” (2014) und “Natural Capital Impacts in Agriculture“ (2015).
1: DIE ZAHLEN, DIE WIR ZEIGEN
Klima
Im Berechnungsmodell der FAO bestehen die versteckten Kosten des Klimawandels als Folge der Nahrungsmittelproduktion aus zwei Komponenten: die von uns allen zu tragenden Kosten der Treibhausgasemissionen und die Kosten der Ammoniakemissionen. Die FAO gibt einen festen Kostenbetrag pro Tonne CO2 an, einen globalen Durchschnittswert also. Für die Kosten der Ammoniakemissionen nennt die FAO einen festen Betrag pro Hektar, ebenfalls ein globaler Durchschnittswert unabhängig von Produkt oder Standort. Die Treibhausgas-Emissionen (auch CO2-Fußabdruck genannt) haben wir von der Soil & More Foundation pro Produkt und pro Betrieb für den biologischen Anbau ermitteln lassen. Für den Vergleich mit Produkten aus konventionellem Anbau wurden Zahlen von vergleichbaren Betrieben aus der gleichen Region verwendet.
Wasser
Um die versteckten Kosten an verbrauchtem Wasser in der Nahrungsmittelproduktion abzubilden, bezieht die FAO verschiedene Faktoren mit ein: die Eutrophierung von Wasser durch Stickstoff und Phosphor und im Zusammenhang damit Kosten für die Trinkwasseraufbereitung durch Reinigung von Stickstoff und Phosphor, Kosten im Zusammenhang mit Wassernutzung und Kosten im Zusammenhang mit Wasserknappheit.
Versteckte Kosten der Wassernutzung sind Kosten, die im Rahmen der Infrastruktur und der Distribution von Wasser entstehen, die großteils durch staatliche Subventionen abgedeckt werden.
Die FAO nennt uns hier einen festen Betrag pro Kubikmeter Wasser, also einen globalen Durchschnittswert.
Der Wasserfußabdruck, der das verbrauchte und/oder verschmutzte Wasser bemisst, wurden von der Soil & More Foundation pro Produkt und pro Betrieb für den biologischen Anbau ermittelt. Dabei wurde sowohl „grünes“, „blaues“ und „graues“ Wasser berücksichtigt. Grün steht dabei für den Anteil des Regenwassers, das die Pflanzen aus dem Boden saugen und verdunsten. Blau ist all das Wasser, das aus Seen und Flüssen oder dem Grundwasser für die Bewässerung entnommen wird. Der graue Wasserfußabdruck wiederum bemisst Wasser, das im Produktionsprozess verschmutzt wird, etwa durch den Eintrag von Pestiziden. Berechnet wird dafür jenes Wasservolumen, das nötig wäre, um Schadstoffe soweit zu verdünnen, dass die Belastung wieder unterhalb üblicher Grenzwerte für Trinkwasser liegt.
Die Vergleichszahlen stammen aus vergleichbaren, jedoch konventionell arbeitenden Landwirtschaftsbetrieben in der selben Region.
Für Nitrat, Phosphor, Stickstoff und Pestizide nennt die FAO feste globale Richtwerte pro Hektar, unabhängig von Produkt oder Lage.
Die Kosten im Zusammenhang mit Wasserknappheit gelten pro Kubikmeter Wasser und sind ein variabler Kennwert, der sich von Land zu Land unterscheidet. Weil diese Kennwerte noch nicht für alle (Anbau-)Länder weltweit bekannt sind, sind diese Kosten noch nicht in die Wasserbilanz unserer Nature & More-Biobauern eingeflossen. Würde man die Kosten im Zusammenhang mit Wasserknappheit jedoch addieren, würde der Unterschied zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft wesentlich deutlicher ausfallen.
Boden
Im Rechenmodell der FAO stehen die versteckten Kosten für den Bodenabtrag, die sich aus der Nahrungsmittelproduktion ergeben, mit zwei Faktoren im Zusammenhang: durch Wassererosion und durch Winderosion verursachte Kosten. Die FAO stellt hier feste Zahlen pro Tonne von Wind bzw. Wasser erodiertem Boden zur Verfügung.
Die Soil & More Foundation hat den Nettobetrag der Bodenerosion per Produkt und Erzeuger im Bio-Anbau berechnet, während die Vergleichszahlen aus vergleichbaren, jedoch konventionell arbeitenden Landwirtschaftsbetrieben in der selben Region kommen.
Das FAO-Rechenmodell bildet aber längst nicht alle versteckten Kosten, die der Verlust an fruchtbarem Boden verursacht, ab. So fehlen beispielsweise Kosten im Zusammenhang mit Bodenverschlechterung und Bodenverdichtung, Kosten im Zusammenhang mit dem Verlust von Bodenleben und Artenvielfalt im Boden sowie die Kosten einer erhöhten Anfälligkeit der Pflanzen gegenüber Krankheiten und Schädlingen als Folge degradierter Böden. Würden diese Kosten addiert werden, würde der Unterschied zwischen ökologischer und konventioneller wesentlich deutlicher ausfallen.
Gesundheit
Im Berechnungsmodell der FAO bestehen die versteckten gesundheitlichen Kosten als Folge der Nahrungsmittelproduktion aus zwei Komponenten: den medizinischen Kosten als direkte Folge von Vergiftungen durch Pestizide, und die Kosten des dauerhaften Verlusts an Lebensqualität in Folge von Umweltverschmutzungen – auf Produktionsseite in beiden Fällen. Die FAO gibt hier einen festen Betrag pro Hektar für beide Kosten-Komponenten an, unabhängig von Produkt oder Standort, ein weltweiter Durchschnitt also. Der tatsächliche individuelle Einsatz von Pestiziden durch den Erzeuger fließt nicht in die Rechnung mit ein.
Auch gibt es noch andere Kosten- und Nutzenfaktoren, die das FAO-Modell nicht berücksichtigt: vor allen Dingen die gesundheitlichen Schäden (oder auch der gesundheitliche Nutzen) auf Verbraucher-Seite, z.B. durch Pestizidrückstände wie Glyphosat in den Nahrungsmitteln, oder auch die bisher nicht vollständig bekannten Effekte von unausgewogenen Nährstoffgehalten, genetisch veränderten Organismen oder Zusätzen wie Farb- und Süßstoffe.
Für die gesundheitlichen Auswirkungen führte EY eine zusätzliche Modellrechnung durch. Die Gesundheitskosten wurden auf der Grundlage der Auswirkungen, die Pestizide auf die Verbraucher haben sowie unter Berücksichtigung der Arbeitsbedingungen bzw. Arbeitssicherheit von Landwirten und Farmarbeitern berechnet. Zur Bestimmung des Pestizid-Expositionsniveaus wurden Daten der Wissenschaftler Peter Fantke und Oliver Jolliet sowie Daten der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) sowie ecolnvent verwendet. In einem nächsten Schritt wurden die Effekte auf die Gesundheit unter die Lupe genommen, dafür wurde die Maßeinheit DALY der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verwendet. DALY (Disability Adjusted Life Years) steht für die sogenannten behinderungsbereinigten Lebensjahre. Fantke und Jolliet veröffentlichten eine Liste von Pestiziden, für die die DALY-Auswirkungen eingeschätzt wurden. Durch die Kombination aller Daten berechnete Finanzprüfer Ernst & Young (EY) die Auswirkungen biologischer und nicht-biologisch erzeugter Produkte. Für die Auswirkungen auf die Gesundheit der Landwirte und Farmarbeiter durch die Arbeitsbedingungen bzw. Arbeitssicherheit vor Ort wurde die Anzahl der arbeitsbedingten Unfälle im Zusammenhang mit Fehlzeiten analysiert.
2: DIE ZAHLEN, DIE NOCH FEHLEN
Bisher weist unsere Nachhaltigkeitsblume noch Leerstellen in den Bereichen Soziales und Artenvielfalt auf. Denn hier stellt das Rechenmodell der FAO noch nicht genügend Parameter und Werkzeuge zur Verfügung. Viele Kostenfaktoren, die für den Bio-Anbau relevant sind, finden sich in den bisher sehr allgemein gehaltenen Aussagen der FAO nicht wieder. An dieser Stelle geben wir Ihnen einen Überblick, was das FAO-Rechenmodell in den Kategorien Soziales, Gesundheit und Artenvielfalt beinhaltet – und was nicht. Wir hoffen, die bisher noch fehlenden Berechnungen für unsere Produkte und Biobauern baldmöglichst nachreichen zu können.
Soziales
Das FAO-Rechenmodell für die versteckten sozialen Belastungen als Folge der Nahrungsmittelproduktion beinhaltet die folgenden Faktoren: Kosten als Folge sozialer Konflikte und Kosten im Zusammenhang mit dem Verlust der Existenzgrundlage. Für die von sozialen Konflikten verursachten Kosten nennt die FAO einen festen Betrag pro Tonne wasserverursachter Bodenerosion pro Person und Jahr.
Für die Kosten im Zusammenhang mit dem Existenzverlust liefert die FAO wiederum zwei Zahlen: eine für OECD-Länder und eine für Nicht-OECD-Ländern; beide sind fester Beträge pro Tonne wasserverursachter Bodenerosion pro Person und Jahr.
Die Kostenanalyse der FAO ermittelt den Verlust von Lebensraum also lediglich anhand der Wassererosion.
Der Verlust an Lebensraum, der nicht durch Bodenerosion verursacht wurde, wird im FAO-Modell nicht berücksichtigt. Ebenso wenig der Einfluss kultureller, sozialer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit in Unternehmen, zum Beispiel die Behandlung von Mitarbeitern, Bildungsprogramme, Gewinnausschüttung, die Haltung gegenüber Frauen und Minderheiten etc.
Die Kosten für gerechte Löhne bzw. gesellschaftliche Kosten für Menschen, die nicht von ihrer Arbeit leben können, tauchen ebenfalls nicht in der FAO-Kalkulation auf. Auch nicht der Mehrwert einer lebenswerten Landschaft für unsere Gesellschaft.
Artenvielfalt
Die versteckten Kosten des Verlusts an biologischer Vielfalt führt das Berechnungsmodell der FAO auf drei Ursachen zurück: die Auswaschung von Phosphor und Stickstoff sowie die Verwendung von Pestiziden. Für diese drei „Verursacher“ nennt die FAO einen festen Betrag pro Hektar, unabhängig von Produkt oder Standort, ein globaler Durchschnitt also.
Darüber hinaus gibt es viele weitere Kosten- und Nutzenfaktoren, die das FAO-Modell nicht berücksichtigt: etwa die Existenz von Ackerrandstreifen entlang landwirtschaftlicher Flächen, Blumenbeete zwischen Gewächshäusern, naturbelassene und begrünte Bereiche auf oder im Umfeld von Bauernhöfen, Fruchtfolge und Mischkulturen, (natürliche) Unkrautbekämpfung, keine Direktsaattechnik etc.