N&M: Jose, für Ihre biologische Produktionsweise sind Sie in ganz Chile bekannt. Wie kamen Sie dazu?
Jose: Vor 25 Jahren reiste ich in die Schweiz, dort kam ich auch in einen Supermarkt, in dem es wunderschöne chilenische Früchte zu kaufen gab. Sie sahen schön, fest und frisch aus, ohne jegliche Beschädigung. Daneben gab es auch biologisches Obst zu kaufen, das weit weniger ansprechend aussah aber mindestens doppelt so teuer war.
Als ich eine Frau diese Früchte kaufen sah, ging ich zu ihr und fragte sie, warum sie nicht die schönen Früchte aus meinem Land wählte. Sie antwortete: „Diese Äpfel sehen ländlich und natürlich aus. Sie wurden nicht mit Pestiziden besprüht und ich denke das ist für mich gesünder.“
Dieses Erlebnis öffnete mir die Augen, die europäischen Konsumenten kauften Früchte also nicht aufgrund ihres Aussehens, sondern aufgrund einer Qualität, die sie biologisch nannten.
N&M: Haben Sie gleich darauf begonnen Ihre Farm umzustellen?
Jose: Nein, denn ich wusste nicht wie. Zuerst versuchte ich soviel wie möglich darüber herauszufinden. Aber es stand nicht besonders viel zur Verfügung.
Es war noch ein zweiter Besuch in die Schweiz nötig. Dort fiel mir der schön gewachsene Mais eines Freundes auf. Es stellte sich heraus, dass er einen Dünger mit einem viel höheren Anteil an organischer Masse benutzte, als wir ihn in Chile anwendeten. Natürlich wusste ich einiges über organische Masse, aber ich hatte ihr nie diese Bedeutung für die Düngung beigemessen. Ich sah mir den Mais an und meine Meinung änderte sich.
N&M: Überzeugte Sie das, um umzustellen?
Jose: Ja, als ich zurück in Chile war, begann ich auf meiner Farm zu experimentieren.
Einer dieser Versuche zeigte deutliche Unterschiede im Wachstum von Mais. Ein Feld wurde mit konventionellem Dünger behandelt, das andere mit einfachem Kompost. Ich sage einfacher Kompost, weil ich mittlerweile sehr viel mehr darüber gelernt habe. Als der mit Kompost gedüngte Mais sehr viel besser dastand, wusste ich, dass dies die Landwirtschaft der Zukunft sein würde und fuhr mit meinen Versuchen fort.
N&M: Was verursachte die größte Veränderung auf Ihrer Farm?
Jose: Auf jeden Fall die Kompostgaben. Diese erlaubten mir z.B. bei Kiwis mit weit weniger Pflanzen pro Hektar auszukommen. Die zunehmende Bodenfruchtbarkeit ermöglichte es den verbleibenden Pflanzen, sich natürlicher zu entwickeln und mehr Früchte zu produzieren.
Ich glaube mittlerweile daran, dass es einen festen Zusammenhang zwischen dem gibt, was unter und über der Erdoberfläche geschieht. Ich habe heute mit weniger Bäumen einen höheren Ertrag als zuvor.
N&M: Ergaben sich noch andere Vorteile?
Jose: Ja, denn weniger Bäume pro Hektar sorgten für mehr Licht und einen besseren Luftaustausch im Obstgarten, was bedeutet, dass wir weniger Probleme mit Pilzkrankheiten hatten. Das heißt, dass ich keine Fungizide anzuwenden brauchte. Mir war nie wohl dabei, diese chemischen Sprays benutzen zu müssen. Die biologische Landwirtschaft stellte also in vielerlei Hinsicht eine gesunde Alternative für viele landwirtschaftliche Praktiken dar. Es war eine natürliche Entscheidung, die Anbaumethode zu wechseln. Das ging alles Schritt für Schritt, bis meine Farm schließlich 1991 vollständig umgestellt war.
N&M: Bauen Sie immer noch die gleichen Früchte an wie damals?
Jose: Im Prinzip, ja. Aber wir haben natürlich auch neue Feldfrüchte hinzugenommen. Wir experimentieren eben immer noch. Vor ein paar Jahren begannen wir mit Kürbissen und dieses Jahr haben wir zum ersten Mal Blaubeeren. Sie waren hier schwer zu bekommen. Wir starteten also mit einigen wenigen und züchteten uns selbst Pflanzen nach.
N&M: Sind Sie stolz auf Ihr bisher Erreichtes?
Jose: Ja natürlich! Ich würde mir nur wünschen, dass mehr Erzeuger in Chile biologisch wirtschafteten. Ich versuche mein Bestes, ihnen davon zu erzählen. Jedes Jahr kommen etliche Studenten aus der Universität von Santiago, um mehr über biologische Landwirtschaft zu erfahren. Ich denke, dass ein großes Interesse besteht, leider besitzen aber die wenigsten Studenten selbst Land, um diese Ideen in die Tat umzusetzen. Sie sehen also, dass dies noch ein Problem ist. Diejenigen, die das Land besitzen, sind noch nicht an biologischer Landwirtschaft interessiert und diejenigen, die sich dafür interessieren, besitzen kein Land. Das muss sich ändern.